Interview mit Daniel Richter,
geklaut von: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/interview-mit-daniel-richter-die-meisten-maler-sind-doof-1433493-p4.html
Wird gefragt, holt aus. Trifft.
Ich glaube nicht, dass das geht. Ich glaube, dass Kunst, ganz stumpf,
in erster Linie gute Kunst sein sollte. Das ist schon schwierig genug.
Die muss weder von guten Menschen noch für gute Menschen sein. Das
Einzige, was mich immer interessiert hat, ist, eine Begrifflichkeit von
den herrschenden Verhältnissen zu haben, von den Bildern, die sie
produzieren. Oder als Maler herauszufinden, wie wirkungsmächtig Bilder
sind und in welchem Rahmen sie funktionieren, ideologieübergreifend. Man
sagt ja, dass der Maler dümmer ist als andere Künstler, weil er mit
einem Medium arbeitet, das ihn weniger zur Reflexion zwingt. Gute
Malerei findet immer unter Einbeziehung der Mediendebatten drum herum
statt, der Debatten über das Foto, das Kriegsbild und so weiter. Die
meisten Maler interessiert das aber gar nicht. Die beschäftigten sich
nur mit malerei-immanenten Dingen und mit ihren Vorlieben, deswegen ist
die meiste Malerei auch so doof, und die meisten Maler sind auch doof.
Tut mir leid.
Als Professor in Wien arbeiten Sie ja
immerhin daran, wenigstens die Studenten klüger zu machen. Bis vor
kurzem haben Sie das auch an der Universität der Künste in Berlin getan.
Diese Professur haben Sie aber nach kürzester Zeit hingeschmissen.
Warum?
Wegen Doofheit. Oh Mann, ist das in
solchen Dingen eine doofe Stadt, das ist echt schockierend. Die
Studenten sind ja nur das Ergebnis des Lehrkörpers, und wenn der Lehrer
schlapp, faul und selbstzufrieden ist, dann sind die Studenten auch so.
So eine Mischung aus Großmäuligkeit und Mufftum, Popanz und dann
irgendwie doch nur ein Kothaufen sein, zwischen bürokratischem Wahn,
Schurigelung, Vorschriftenmachenwollen, Hintenrumseilschaften . . . Ich
habe noch nie an so einer Scheißhochschule gearbeitet.
Sie hatten eine der letzten
C-4-Professuren. Das, wovon die meisten Ihrer Kollegen träumen. Ein
Auskommen bis ans Lebensende . . . Nicht nur Ihre Mutter wird gefragt
haben, ob Sie wahnsinnig seien.
Deshalb haben die mir ja auch nicht geglaubt, als ich gesagt habe, ich gehe. Aber jetzt bin ich weg.
Nun ist es nicht so, dass sich Daniel
Richter ums Geld Sorgen machen müsste. Seine Bilder sieht er nach der
ersten Galerieausstellung in der Regel nicht wieder. Einige hat er von
den Sammlern noch nicht mal für seine Retrospektive zurückleihen können.
Von solchen Bildern, etwa dem Programmbild „Weil ihr alle ausseht wie
alte beschissene Malerei, müssen wir alle sterben“, will er in Hamburg
zumindest kleinformatige Vorstudien ausstellen.
Das Gemälde, das er bis dahin noch
fertigmalen will, zeigt eine Straßenszene aus St. Pauli. Wie auf den
einschlägigen Darstellungen aus dem Barock weiß man nicht, ob die sich
feilbietenden Damen in Fenstern sitzen oder Bilder im Bild sind. Aus der
Bildinschrift „Eros“ wird gerade „Heros“, vielleicht aber auch „Hers“
oder alles gleichzeitig. Erstmals taucht bei Richter so etwas wie
Porträtmalerei auf, ganz klassische Ähnlichkeit, wenn man so will, eine
der letzten großen Bastionen, mit der man es bei der Rückeroberung des
Bildfeldes von links zu tun bekommen kann.
Richter hat zu diesem Zeitpunkt noch
knapp eine Woche Zeit bis zur Abgabe. Eigentlich nicht zu schaffen, vor
allem wenn man, statt zu malen, ausführliche Interviews gibt. Aber er
sagt, er brauche den Zeitdruck, sonst würde er nie fertig. Sonst würde
er stundenlang in die offenstehenden Möglichkeiten starren und die Zeit
vertrödeln. Dieses Jahr hat er erst drei Bilder gemalt. „Aber das Jahr
ist ja noch jung. Dieses Jahr male ich noch vierzig. Oder
hundertzwanzig.“
Ich dachte, Sie sind gerade Vater geworden?
Eben. Der Junge muss ja ernährt werden.
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